veröffentlicht am 13.04.2018
LAG Schleswig-Holstein, 21.03.2018, 3 Sa 398/17:
Vor Ausspruch einer (fristlosen) Verdachtskündigung ist es seitens des Arbeitgebers grundsätzlich erforderlich, den Arbeitnehmer zu den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen anzuhören.
In dem obigen Fall hatte der Arbeitgeber den zu kündigenden Mitarbeiter mit Schreiben vom 04.08.2016 – welches frühestens am Abend desselben Tages beim Arbeitnehmer einging – zu den erhobenen Vorwürfen angehört. Dem Arbeitnehmer wurde eine Frist zur Stellungnahme bis zum 08.08.2016, 13.00 Uhr, gegeben. Als die Frist verstrichen war, sprach der Arbeitgeber die außerordentliche Verdachtskündigung mit Schreiben vom 12.08.2016 aus. Das LAG Schleswig-Holstein hat die Kündigung für unwirksam erachtet, da die vom Arbeitgeber vorgegebene Anhörungsfrist zu kurz war. Setzt ein Arbeitgeber eine zu kurze Frist und kündigt dem Arbeitnehmer nach deren Ablauf, ohne dass die Stellungnahme des Betroffenen vorliege, ist die Verdachtskündigung rechtsunwirksam.
Für Arbeitnehmer ist es also ratsam, sich bei Erhalt eines Anhörungsschreibens anwaltlich beraten zu lassen. Ist die Anhörungsfrist zu kurz, könnte dies bereits die anschließend ausgesprochene Verdachtskündigung zu Fall bringen. Als Arbeitgeber ist es ebenfalls sinnig, sich bei der Formulierung eines Anhörungsschreibens anwaltlich beraten zu lassen und die zu setzende Frist zu besprechen. Auch wenn bei außerordentlichen Kündigungen die 2-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB gilt, ist der Fristlauf während der Anhörungsphase gehemmt. Es muss also gar nicht erforderlich sein, eine viel zu kurze Frist zu setzen.
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht in Gelsenkirchen
Daniela Doberstein